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Warum ich keine Brautstylings mehr anbiete (Achtung hier wird es lang und emotional!)


Im letzten Quartal 2015 hatte ich meine ersten 4 Bräute.

Ich weiß noch, dass ich einen Mordsrespekt davor hatte, Brautstylings anzubieten.

Immerhin sollen das Makeup und die Frisur ja nicht nur den Wunschvorstellungen entsprechen, beides soll ja auch den ganzen Tag (und oft auch die Nacht) halten.

Je nach Wetter muss die Frisur Wind und Regen trotzen, oder das Makeup soll trotz 30 Grad im Schatten nicht mit dem Schweiß zusammen in den Ausschnitt laufen.

Und die Freudentränen sind ja auch eine Herausforderung für das Augenmakeup.

Die Hochzeitsbilder landen dann später eventuell für jeden sichtbar an der Wand oder auf dem Regal und werden dort im Idealfall jahrzehntelang betrachtet.

Da möchte man als Stylist dann nicht dafür verantwortlich sein, wenn der Look auf diesen Bildern nicht perfekt ist.

Ich hatte aber ein paar ganze liebe erste Bräute, und ich fand es damals auch ganz toll, ein Teil ihres großen, bedeutenden Tages zu sein.

Natürlich habe ich bei jeder von ihnen 110% gegeben.

Ich weiß noch, dass mir die Mutti eine meiner ersten Bräute damals ein kleines, weißes Organzasäckchen mit Hochzeitsmandeln geschenkt hat.

Das fand ich so zauberhaft!

Nach einer noch recht ruhigen Saison 2016, hatte ich im Jahr 2017 dann plötzlich bereits fast 50 Buchungen.

Ich war so stolz, dass mich viele meiner Kundinnen weiterempfohlen hatten, und ich auch von Fotografen und anderen Dienstleistern Buchungen vermittelt bekam.

Ich habe sogar noch zwei Seminare speziell für Brautfrisuren und Makeup gebucht, damit ich mich mit den neuesten Trends und Techniken auf dem Laufen halten konnte.

Am Ende des Jahres war ich happy, da bereits im Herbst schon wieder jede Menge Buchungen für die nächste Saison reinkamen.

Ich bemerkte aber neben all dem Stolz bereits eine erste unterschwellige Müdigkeit.

Während die meisten Jobs als Makeup Artist oft kaum lange Vorbereitung erfordern, so ist das beim Brautstyling eine ganz andere Sache.

Manche Bräute buchen einen 1 Jahr und mehr im Voraus.

Was da teilweise an Emails hin und her geht, bevor es überhaupt zu einem ersten persönlichen Termin kommt, mag man sich kaum vorstellen.

Ich habe bei einigen Kundinnen bis zu 20 Emails gezählt!

Mir war gar nicht bewußt, was manche Bräute alles an Fragen haben könnten (nicht alle hatten wirklich direkt mit meiner Arbeit zu tun).

Zugegeben, ich habe damals auch viele Fehler gemacht: ich war fast immer erreichbar, habe kaum Grenzen gesetzt, Probetermine auch an Sonn- und Feiertagen ohne Zuschlag möglich gemacht....

Man kennt ja den Spruch: reichst Du den kleinen Finger, wollen manche die ganze Hand.

Man ist als Brautstylistin nicht nur handwerklich, sondern oft auch als emotionale Stütze gefragt.

Besonders am Hochzeitstag, wenn die Braut vor Aufregung schlecht geschlafen hat, und um sie herum alle in Hektik verfallen, muss man versuchen, der Ruhepol zu sein, der diesen Streß von ihr fernhält, damit sie sich entspannen kann.

Leider kommen aber nicht alle Bräute gleich gut mit Streß zurecht.

Die einen werden immer ruhiger, während andere jedoch anfangen, jeden in ihrer Umgebung im Ton eines Feldwebels rumzukommandieren.

Wenn sie dann auch nicht still sitzen können und ihr Telefon keine zwei Minuten beiseite legen wollen, wird die Arbeit zur Geduldsprobe.

Wer schon einmal versucht hat, bei einer anderen Person einen perfekten Lidstrich zu ziehen, der soll das mal versuchen, während diese Person ständig versucht, den Kopf zu drehen.

So hatte ich im Laufe der Saison 2018 nach ein paar wirklich unangenehmen Erlebnissen immer weniger Lust, jedes Wochenende morgens aufzustehen, wenn es gerade mal hell wird.

Wenn man nämlich eine Hochzeit irgendwo auf einem Landgut im tiefsten Brandenburg mit mehreren zu stylenden Personen hat, dann muss man teilweise um 6 Uhr oder 7 Uhr mit dem Styling beginnen.

Wenn man dorthin 1-2 Stunden Anfahrt hat, kann man sich ausrechnen, wann man als Stylistin aufstehen muss.

Dazu muss ich wohl auch erwähnen, dass ich ein ausgesprochener Nachtmensch bin, der sonst um diese Zeit ins Bett gehen würde.

Ganz besonders toll ist dann z.B. wenn Du für Deine Braut früh aufstehst, und dann auf dem Handy siehst, dass sie Dich gegen Mitternacht versucht hat anzurufen, um Dir mitzuteilen, sie würde doch gerne ausschlafen, daher sollst Du doch lieber später kommen und ein paar Gäste weniger stylen.

Das war dann einer der Momente 2018, wo mir das erste Mal richtig der Kragen geplatzt ist vor Wut.

Gut, dass ich keine Probleme mit hohem Blutdruck habe.

Versteht mich bitte nicht falsch - diese Fälle sind natürlich nicht die Regel.

Ich hatte wirklich auch ganz zauberhafte Bräute, mit denen ich teilweise selbst heute noch über Facebook in Kontakt bin.

Von meinen 56 Buchungen im Jahr 2018 waren es vielleicht 4 oder 5, von denen ich sagen würde, dass ich im Nachhinein die Buchung lieber nicht angenommen hätte.

Diese hatten es aber in sich.

Leider haben sich diese Bräute allerdings erst am Hochzeitstag in „Bridezilla“ verwandelt, so dass ich diese auch nicht im Vorfeld „aussortieren“ konnte.

Was soll ich sagen?

Ich bin ein Herzmensch.

Ich bin gerne hilfsbereit und gebe sehr gerne sehr viel, wenn ich Menschen mag.

Ich lasse mich halt nur nicht gerne ausnutzen oder respektlos behandeln.

Und auch Dienstleister sind keine Leibeigenen.

Viele haben mir gesagt „nimm Dir das nicht so zu Herzen“, aber manch einer schafft das halt nicht so gut wie andere.

Ich habe also zum Ende der Saison 2018 beschlossen, erst mal keine neuen Buchungen mehr anzunehmen, da ich irgendwie ausgebrannt war.

Als im Herbst 2018 die ersten Anfragen für 2019 reinkamen, habe ich erst mal resolut ALLE abgelehnt.

Ich dachte mir „nach Weihnachten und Silvester siehst Du mal weiter“.

Bei jeder Absage habe ich mich dann aber tatsächlich so gut gefühlt, dass ich wusste, dass ich einfach keine Brautstylings mehr anbieten kann.

Ich habe meinen Instagram-account für Brautstyling deaktiviert und auch auf meiner Website diese Rubrik entfernt.

Das war nicht nur die richtige Konsequenz für mich selbst, sondern auch für die Bräute, denn jede Braut verdient einen Dientsleister, der mit Herz und Feuer bei der Sache ist.

Gerade in in einem Beruf wie meinem kann meiner Meinung nach ohne Leidenschaft keine Kreativität entstehen.

In diesem Jahr habe ich dann doch noch mal eine Ausnahme machen wollen.

Der Besitzer meines Lieblings-Paketshops plant schon lange seine Hochzeit.

Ich glaube, er erzählt mir schon seit fast zwei Jahren, dass er heiraten wird.

Allerdings habe ich ganz bewußt nie gefragt, wer das Brautstyling macht.

Vor zwei Monaten fragte er mich dann, ob ich nicht das Styling seiner Zukünftigen übernehmen könnte, da diese Probleme mit ihrer Stylistin habe (angeblich würde sie keinen zuverlässigen Eindruck machen).

Ich sage zu ihm „Du weißt, dass ich eigentlich keine Hochzeiten mehr mache“.

Er sagt „Ich weiß, aber vielleicht machst Du noch mal eine Ausnahme? Telefonier doch mal mit ihr.“

Habe ich dann auch.

Und mich nach einem netten Gespräch breitschlagen lassen, ihr Styling zu übernehmen.

Sie freut sich.

Wir machen einen Probetermin an einem Samstag in ihrem Garten.

Ich nehme mir viel Zeit, erkläre viel und gehe auf alle Wünsche ein.

Sie ist zufrieden. Schwiegermutter ist anwesend und findet es auch gut.

Abends schickt sie mir eine Whatsapp mit einem Selfie, wie „verliebt“ sie in ihr Styling sei.

Schnellvorlauf zu letzter Woche.

Es sind 4 ½ Wochen vergangen seit unserem Probetermin und die Hochzeit ist in 10 Tagen, da klingelt mein Handy.

„Meine“ Braut erzählt mir, sie würde jetzt doch woanders schlafen und es wollen auch noch 2-3 andere Personen ein Styling.

Sie wollen eine Art Stylingparty daraus machen am Vormittag.

Ich so „Ah, klingt toll. Und was heißt das jetzt genau?“

„Äh, das heißt, dass ich Dir leider absagen muss, weil so viele Personen schaffst Du ja alleine nicht.

Die (wer auch immer „DIE“ sind) kommen zu dritt und stylen uns.“

Was ich ihr darauf am liebsten geantwortet hätte, könnt Ihr Euch vielleicht ansatzweise vorstellen, oder?

Na ja, ich bin ja gut erzogen und inzwischen halbwegs erwachsen, daher habe ich die bösen Worte rausgefiltert.

Ich habe ihr aber natürlich schon gesagt, dass sowas das absolut Allerletzte ist.

Man lässt keinen Dienstleister 4 ½ Wochen im Glauben, man hätte einen festen Termin, um dann kurz vorher abzusagen.

Ich hatte für den Tag nämlich zwischenzeitlich eine Anfrage für ein Fotoshooting von einem Fotografen, die ich für sie abgelehnt habe.

Es tut ihr leid sagt sie. Und dass sie nicht weiß, was sie noch sagen soll.

Ich weiß es auch nicht, daher wünsche ich eine „Schöne Hochzeit“ und lege auf.

Nun ja, an dem betreffenden Tag werden es über 30 Grad.

Es gibt Schlimmeres, als an so einem Tag frei zu haben.

Aber nun versteht Ihr eventuell, warum ich keine Brautstylings mehr anbiete.

Wer Empfehlungen möchte, den gebe ich gerne in die Hände eine meiner lieben Kolleginnen, die nach wie vor mit Engelsgeduld und Leidenschaft jeder Braut ihr Wunschstyling zaubern.

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